Mittwoch, 9. Januar 2008

Blocher - die Bilanz

Keine Vergangenheitsbewältigung. Wir wollen nicht noch einmal auf eine etwas ruppige Abwahl zurückkommen. Doch es sei der letzten Amtshandlung des bis am Schluss auf der Kommandobrücke ausharrenden Justizministers gedacht, die in Weihnachtsgesängen und Krippenspielen saisonbedingt etwas untergegangen ist. Die in der letzten Bundesratssitzung verabschiedete Botschaft zum Parallelimportverbot, die der scheidende Magistrat grade noch durchboxen konnte, bringt die Bilanz von vier Jahren Blocher auf den Punkt.Der SVP-Führer wurde auch deshalb in den Bundesrat gewählt, weil die wirtschaftsliberalen Kräfte in diesem Land der Überzeugung waren, er sei der Mann, der nötige Strukturreformen in die Tat umsetzen könne. Diese Hoffnung hat sich als Polit-Fata-Morgana erwiesen. Durchschlagende Erfolge hat Blocher nur in der Ausländerpolitik erzielt. In den strukturpolitischen Dossiers ist er gescheitert: bei der Steuerreform, bei der Swisscom-Liberalisierung, beim Freihandelsabkommen mit den USA. Zur Ent-Etatisierung des Agrarsektors war sein Hauptbeitrag eine sofort widerrufene ­Olma-Rede. Die wichtigste Wachstumsvorlage, das heisst die Erweiterung der Personenfreizügigkeit brachte er in Gefahr, indem er durchblicken liess, er habe im Bundesrat nicht dafür gestimmt. Die Durchsetzung unpopulärer Strukturanpassungen erfordert staatspolitisches Format. Christoph Blocher ist auch in seinem Regierungsamt nie etwas anderes als ein Parteipolitiker gewesen.
Schutz von mächtigen Sonderinteressen auf Kosten des allgemeinen Wohlstandes: Das aus der Landwirtschaftspolitik bestens bekannte Rezept kommt bei den Parallelimporten voll zum Tragen. Weiterhin wird jeder Einwohner die-ses Landes dazu gezwungen, beim Kauf ­eines importgeschützten Medikamentes eine Daniel-Vasella-Sondersteuer zu entrichten. Die Pharma hat ihr volles Gewicht in die Waagschale geworfen, um ihre staatlich garantierte Monopolrente zu erhalten. Christoph Blocher hat alles gegeben, damit das Importverbot, von dem ja auch die Ems-Chemie profitiert, weiterhin die Schweizer Hochpreisinsel festigt. Wirtschaftsnahe Politik sollte im Interesse der Gesamtwirtschaft handeln. In unserem Land ist darunter jedoch häufig nicht mehr zu verstehen als standortschädigender Verbandslobbyismus.
Beeindruckend auch, mit welcher Unverfrorenheit der scheidende Bundesrat die Presse mit ökonomischem Nonsens abspeiste. Das Parallelimportverbot sei notwendig, um den Patentschutz zu stärken – als ob die Anerkennung geistigen Eigentums davon abhinge, dass Produzenten die gesamten Vertriebswege kontrollieren. Das Verbot schütze Schweizer Arbeitsplätze – als ob die 83 Prozent patentgeschützten Pharmazeutika, die aus dem Ausland kommen, irgendetwas mit dem Schweizer Arbeitsmarkt zu tun hätten. Parallelimportverbote seien notwendig für die Schweizer Innovationskraft – als ob es in Deutschland, Frankreich und England nicht ebenfalls Chemiekonzerne geben würde, die mit der sogenannten regionalen Patentausschöpfung bestens leben. Ist auch die Basler Chemie tatsächlich ein Schweizer Sonderfall? Ist sie so schwach, dass sie nur dann überleben kann, wenn sie von jedem Schweizer mit einer Spe­zialabgabe subventioniert wird? Das letzte Wort im Parallelimportdossier ist noch nicht gesprochen. Wieder wird alles von der CVP abhängen. In jüngster Vergangenheit hat die Partei die Erfahrung gemacht, dass politische Courage sich auszahlt. Es soll ihr eine Lehre sein.

quelle: dasmagazin.ch

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